EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker steht in der Flüchtlingsfrage fest an der Seite von Kanzlerin Merkel und fordert von den anderen EU-Staaten mehr Solidarität. Dies erklärte der Kommissions-Chef auf dem Wirtschaftstag der Volksbanken und Raiffeisenbanken. Eine solidarische Lösung des Flüchtlingsproblems ist nach den Worten Junckers eine Existenzfrage für Europa. Mit Blick auf die geplante Vergemeinschaftung der Einlagensicherung der Banken erklärte Juncker, Volksbanken und Raiffeisenbanken würden nicht „in dem Maße“ tangiert sein wie andere Kreditinstitute. „Ich mag Genossenschaftsbanken“, betonte der EU-Kommissionspräsident. Daher werde er die Besonderheiten der nationalen Besonderheiten bei der Reform der Einlagensicherung angemessen berücksichtigen. „Der deutsche Sparer wird nicht geradestehen für Ausfälle in anderen Staaten“, versicherte Juncker. Nur wenn bei einer Mega-Krise die nationalen Sicherungstöpfe nicht ausreichten, müssten die Systeme anderer Länder über eine Rückversicherung einspringen.
Michael Bockelmann, Präsident des Genossenschaftsverbands, hatte zuvor in seiner Eingangsrede die Position der Volksbanken und Raiffeisenbanken dargestellt und gefordert, dass sie von der Vergemeinschaftung ausgenommen werden.
Wagenknecht: „Wohlstand für alle“
Die Vorsitzende der Fraktion „Die Linke“, Sahra Wagenknecht, und der hessische Finanzminister, Dr. Thomas Schäfer, diskutierten über die Verteilung von Wohlstand. Deutschlands Zukunft liege nicht im Billiglohnsektor und in Rentenkürzungen, sondern in Qualität und Innovation. Banker sollten Diener der Realwirtschaft und keine Spekulanten sein, betonte Wagenknecht. Deutschland sei mit den Genossenschaftsbanken hier gut aufgestellt.
Schäfer plädierte für eine „Agenda 2030“. Das Grundproblem liege darin, dass ein Teil der Gesellschaft glaube, man müsse nichts weiter tun, um den Wohlstand zu sichern. Dabei seien Reformen und Anpassungen notwendig.
Auch Sascha Lobo – Autor, Journalist und Strategieberater – ist der Überzeugung, dass die gute Wirtschaftslage den Blick verklärt. Die Folgen der digitalen Revolution müssten stärker berücksichtigt werden. „Wir müssen digitales Vertrauen aufbauen“, forderte Lobo. Die Auswirkungen der digitalen Vernetzung auf die Gesellschaft würden vielfach noch nicht erkannt. Die alten, traditionellen Industrien würden in revolutionärem Maße verändert.
Die Themen Mobilität, Ernährung und städtische Entwicklung seien die zunehmenden Herausforderungen für die BASF, erklärte der Vorstandsvorsitzende des Ludwigshafener Chemie-Konzerns, Kurt Bock. Schlanke Hochhäuser würden schon heute mit Betonzusatzstoffen seines Unternehmens gebaut. Chemie sei insoweit ein weltweiter Problemlöser. Die Chemie arbeite heute viel stärker interdisziplinär zusammen, zum Beispiel mit Physikern und Biologen.
Dreimaliger Formel-1-Weltmeister, Pilot und Airline-Unternehmer – das sind die Stationen von Andreas Nikolaus „Niki“ Lauda. In seinen „Denkanstößen“ berichtete er, wie er dank eines Kredits in die Formel 1 einstieg und diesen als Ferrari-Fahrer in vier Jahren zurückgezahlt. Später habe er als leidenschaftlicher Pilot eine Airline gegründet. Lauda erläuterte auch, wie er die „Extremsituation“ des Absturzes eines seiner Flugzeuge erlebte.
Die Unternehmer beurteilten auch den diesjährigen Wirtschaftstag als ausgesprochen interessante Veranstaltung mit herausragenden Referenten und eindrucksvollen Redebeiträgen - aktuell und vor allem: am Zahn der Zeit mit zukunftsgerichtetem Blick aus unterschiedlichen, branchenübergreifenden Perspektiven.