Bioenergiedorf Erfurtshausen

Nachhaltige Energieversorgung im Rahmen der Dorferneuerung

Im Rahmen der Dorferneuerung Erfurtshausen wurde ein Dorfentwicklungskonzept erstellt. Das Konzept steht unter der Überschrift: Erfurtshausen – viel Natur und Tradition. Lebenswert für jede Generation. Unter diese Überschrift passt auch ein Unterziel, eine nachhaltige Energieversorgung mit Wärme ohne fossile Brennstoffe in den nächsten 10 Jahren zu erreichen. „Wenn wir in 10 Jahren im Winter von Schweinsberg nach Erfurtshausen schauen, sehen wir keine rauchenden Schornsteine!" – so der Ideengeber im Rahmen der Konzeptphase. So war es im Frühjahr 2011.

Die Idee stand im Raum und die Stadt Amöneburg griff die Idee auf, und beauftragte mit Unterstützung des Landes Hessen – hier speziell das Dorferneuerungsprogramm – einen Ingenieur mit einer Machbarkeitsstudie. Eine in der Nachbargemarkung liegende Biogasanlage, die bisher nur eine geringe Wärmenutzung hatte, wurde im Konzept berücksichtigt. Das Konzept hatte zwei Varianten: Heizölspitzenlastkessel oder aber eine Doppelkesselanlage mit Holzhackschnitzel. Obwohl die Variante ohne Heizöl versprach, die Energie für Erfurtshausen teurer zu machen, wurde diese Variante von der Bürgerschaft gewünscht. Die Machbarkeitsstudie wurde im März 2012 der Bevölkerung vorgestellt.

An diesem Abend gründete sich eine Arbeitsgruppe, die dieses Thema weiter verfolgen wollte. Und so wurden andere Orte besichtigt, um gewonnene Erfahrungen in der Praxis in Erfurtshausen berücksichtigen zu können. In sechswöchigen Abständen fanden für die Bürgerschaft Informationsabend statt, zu denen Experten zu unterschiedlichen Themen referierten.

Ein wichtiges Thema waren für viele die Finanzen, auch wenn der ökologische Gedanke in Erfurtshausen fest verwurzelt war. Herr Klaus Pfalz, Förderberater im Bereich Erneuerbare Energien von der VR Bank Hessenland eG referierte über die zahlreichen Fördermöglichkeiten der Öffentlichen Hand und dem Sonderprogramm seines Hauses für etwaige Genossenschaftsmitglieder einer lokalen Energiegenossenschaft mit günstigen Zinsen und niederschwelligem Bürokratieaufwand.

Die Firmierung, also unter welchen Dach kann die eigene Wärme erzeugt und vermarktet werden, entschied sich die Bürgerschaft für das Genossenschaftsmodell, frei nach seinem Erfinder Friedrich-Wilhelm Raiffeisen „Was einer alleine nicht schafft, schaffen viele!" Das primäre Ziel war eben nicht, Geld mit der Energie zu verdienen, sondern preiswerte, ökologische erzeugte Energie ökonomisch zu den Mitgliedern zu transportieren. Dabei war dann die Entscheidung, mit welcher Hausbank man die Finanzierung umsetzt, einfach: Man hatte direkt vor der Haustüre tolles Expertenwissen bezüglich der Fragen und Sorgen von neu zu gründenden Energiegenossenschaften.

Und so entstand am 17.08.2012 die „Energiegenossenschaft Erfurtshausen eG i.G.". Sie hatte am ersten Abend 74 Mitglieder, bis zur Einreichung der Unterlagen beim Registergericht zur Prüfung waren es bereits 94. Beim Bau des Netzes, welches am 10. April 2013 mit dem offiziellen Spatenstich begann, wurden insgesamt 115 Hausanschlüsse hergestellt. Eine sehr gute Quote, wenn man zudem berücksichtigt, dass mit manchen Anschlüssen bis zu drei Gebäude bzw. Liegenschaften versorgt werden.

Die Finanzierung des Projekts, welches etwas 3,2 Mio. Euro an Investitionen erforderte, erfolgte zunächst aus dem Eigenkapital der Genossenschaft. Für jeden Hausanschluss benötigte eine Mitglied ein Anteil, wobei das Genossenschaftsanteil auf 5.000 Euro festgesetzt wurde. Die Zuschussgeber (Land Hessen über die WIBank und Hessenenergie als fachtechnische Behörde, BAFA und die Kreditanstalt für Wideraufbau) gaben insgesamt Zuschüsse von 1,18 Mio. Euro. Die Deckungslücke wurde in Zusammenarbeit mit der VR Bank Hessenland eG über KFW-Darlehen sowie über ein Bankdarlehen finanziert. Aufgrund einer Bürgschaft der Stadt Amöneburg, die dem Projekt mit seinen Mandatsträgern in Magistrat, Stadtverordnetenversammlung und Ortsbeirat sehr offen und unterstützenden beistanden, wurden vergünstigte Konditionen beim Darlehenszins gegeben.

Ein großes Plus des Nahwärmenetzes war die Entscheidung, gleichzeitig ein Glasfasernetz mit Doppelnutzen zu bauen. Zum einen wurden die Hausübergabestationen, die Bauteile, die eine ganze Hausheizung ersetzen, per Glasfaser mit einem Zentralrechner zur Optimierung der Steuerung verbunden sowie die technischen Möglichkeiten für eine Breitbandnutzung geschaffen. Dieses Teilprojekt wurde mit know how der Stadtwerke Marburg umgesetzt. Aber nicht nur Wärmekunden, auch Mitbürgerinnen und Mitbürger mit einer anderen Heiztechnik wurden auf Wunsch mit Breitband versorgt.

Ein besonderer Dank gilt in diesem Zusammenhang Herrn Klaus Pfalz von der VR Bank HessenLand eG, der uns von ersten Bürgerversammlungen vor der Gründung über die Beantragung der Zuschüsse bei der KFW und auch bei der anschließenden Startphase des Unternehmens hervorragend begleitete. Hier fanden wir stets Rat und auch Vorschläge im Rahmen der Gründung, die sich als sehr gut erwiesen haben. Auch Mitglieder, die von der Möglichkeit des Kleindarlehens für die Mitgliedschaft und notwendigen Investitionen im eigenen Haus Gebrauch gemacht hatten, loben die Zusammenarbeit mit der VR Bank.